Geschichte
Der Werkraum Warteck pp entsprang dem Bedürfnis nach mehr Freiraum für Kunst, Kultur, Handwerk und Begegnung im Basel der 80er- und 90er-Jahre.
Die Werkraum-Idee wurde im Pilotprojekt Schlotterbeck (1990–1993) konkretisiert. 1993 begann in einem Drittel der verfügbaren Flächen der ehemaligen Brauerei Warteck die Zwischenumnutzung auf einem niedrigen Ausbaustandard. Die meisten baulichen Anpassungen wurden von den Nutzer*innen selbst durchgeführt und der Werkraum sollte sich in der Folge kontinuierlich an deren Bedürfnisse anpassen.
Seit 1993 ist ein Verein das wichtigste Entscheidungsgremium des Werkraum Warteck pp. Der Verein entscheidet über die weitere Entwicklung; für wichtige Entscheide werden Plenen und Arbeitsgruppen einberufen. Alle, die sich für das Projekt interessieren und sich mit den Leitlinien des Vereins identifizieren (>pdf leitbild), können Vereinsmitglieder werden (>link Mitglied werden). Vakanzen bei den verfügbaren Räumen werden öffentlich ausgeschrieben. Bei der Auswahl von Mieter*innen wird auf eine Diversität von Menschen und Projekten im Haus geachtet.
Jakob Tschopp soll hier als Einziger namentlich erwähnt werden, ohne ihn gäbe es den Werkraum Warteck pp nicht. Er hat die ersten Verhandlungen für dieses Projekt geführt und er hat es bis zu seiner Realisierung begleitet (siehe Audio weiter unten).
Ansätze von Werkraum-Gedanken sind in der Jugendbewegung der 1980er Jahren entstanden; AJZ-Häuser und die Alte Stadtgärtnerei waren soziokulturelle Initiativen. Im Pilotprojekt Werkraum Schlotterbeck (1990–1993) wurde die Werkraum-Idee in intensiven Forumsnächten und in den Handwerks- und Kunstateliers konkretisiert. Sie hatte bald eine spezifische Ausstrahlung. Es gab damals in der Stadt eine Brauerei, gegründet 1889 als AG Bierbrauerei zum Warteck B. Füglistaller Nachfolger, die ihre Produktion 1990 eingestellt hatte. Diese alte Brauerei zum Werkraum zu machen, war eine Vision des Architekten Roger Diener. Er wollte die Warteck Invest AG für eine Wohn- und Büroüberbauung gewinnen, die Erhalt und Umnutzung der Brauerei einschloss. Er war überzeugt, dass der Erhalt der alten Gewerbearchitektur städtebaulich sinnvoll und finanziell rentabel sei, wenn das restliche Areal dichter bebaut werde.
Am 13. November 1991 führte Jakob Tschopp Herrn Füglistaller inkognito durch den Schlotterbeck, im Februar 1992 bat die Warteck Invest AG den Trägerverein des Schlotterbeck, ein Folgeprojekt für das Warteck-Areal vorzubereiten. Diese Pläne mussten bis zum Abschluss der Verhandlungen mit der Regierung geheim gehalten werden. Sie unterzeichnete eine Absichtserklärung, das ehemalige Brauereigebäude einer kulturellen Nutzung in Anlehnung an die Aktivitäten im Werkraum Schlotterbeck zuzuführen.
Der Werkraum Schlotterbeck arbeitete in regelmässigen und allen Interessierten offenstehenden Montagsplenen am Folgeprojekt fürs Warteck. Anhand von Modellen wurde die kulturelle Nutzung konzipiert, die Prioritäten der internen Verteilung standen zur Diskussion. Ab Mai 1993 konnten die Plenen auf der Terrasse des Brauereigebäudes stattfinden. Am 14. Juni wurde dort der «Gründungsverein der Betreiberorganisation Warteck» mit 55 Mitgliedern konstituiert, der die Aufgaben hatte, die Verhandlungen mit der Warteck Invest AG zu führen, einen zukünftigen Trägerverein zu gründen und eine Betriebsstruktur zu entwerfen. Die Warteckhofüberbauung und damit auch der Erhalt des alten Brauereigebäudes wurden durch einen Volksentscheid 1993 gesichert.
Im Sommer 1993 wurde ein Bau- und Koordinationsbüro eingerichtet, um Grundlagen für die Nutzung und den bevorstehenden Umbau zu schaffen. Zu diesem Zeitpunkt liessen höchstens ein Drittel der Räume eine vorläufige Nutzung zu. Das Gebäude musste zuerst gereinigt und gesichert werden. Bodenlöcher, Betonsockel, Brandspuren und eine Hundertschaft von Tauben beherrschten das Bild. Es wurden Stromprovisorien erstellt, mit Material aus dem Schlotterbeck liessen sich die Räume einigermassen abdichten. Doch der erste Winter war hart, mit den dezentralen Holz- und Oelöfen war der durchdringenden Kälte nur schlecht beizukommen. Aber es wurde gearbeitet. An allen Fronten. Die Instandstellung und die Verhandlungen gingen voran.
1994 entstand die Stiftung Warteckhof und am 24. Mai desselben Jahres gründete die Nutzerschaft den Verein Werkraum Warteck pp. Der Verein verankerte in den Statuten die Idee der Lern- und Lehrwerkstatt, das Plenum, die soziokulturelle Aufgabe sowie einen Fonds, der kulturelle Aktivitäten in Verknüpfung mit der Werkraum-Idee unterstützt. Viele Projekte und Personen aus jener Zeit sind immer noch aktiv im Haus, glücklicherweise sind aber auch immer wieder neue hinzugekommen. Die Strukturen wurden, ganz dem «pp» entsprechend, laufend überarbeitet und neu eingerichtet.
Geschichte des Werkraums
von Silvia Buol
Video: «Werkraum Warteck pp – 10 Jahre WWpp» (Idee und Realisation: Martin Thüring, 2007).
Jakob Tschopp erzählt aus seinem Leben als Beobachter, Protokollant und Sympathisant der Werkräume Basel.
Ein Tondokument zur Geschichte des Werkraums Warteck Basel (Idee und Realisation: Marianne Schuppe).
2023: Jubiläumsfestival 30 Jahre Werkraum Warteck pp (WWpp)
Am Wochenende vom 15. bis 17. September 2023 fand in den Räumen der ehemaligen Brauerei Warteck ein öffentliches Festival mit über 80 Programmpunkten statt. Wir feierten das 30-jährige Bestehen des Werkraums, der seit 1993 Mittelpunkt für ein Miteinander von Kunst- und Kulturschaffenden, Handwerker:innen, Gastronom:innen und Kreativen aller Sparten ist.
Das gesamte Haus und das umliegende Areal wurden für ein Wochenende zu einer kulturellen Erlebniswelt umgestaltet, mit Kinderprogramm, Konzerten, Kunstperformances, Tanzdarbietungen, Workshops, Discos, Essangeboten und Barbetrieb. Der Eintritt war für alle kostenlos – und unsere Einladung, die Vielfalt des Werkraums selbst zu entdecken. Zugleich wollten wir uns mit dem Festival bei der Basler Öffentlichkeit für die langjährige Unterstützung bedanken.
Das war ein Fest! Wir blicken zurück auf drei wunderbare Tage mit buntem Treiben im gesamten Haus. Es war beglückend zu sehen, mit welcher Energie, Motivation und Liebe der Werkraum zusammenspielt. Wir waren von der schönen Stimmung am Fest berührt und begeistert – und viele unserer Besucher:innen waren es genauso. Einzigartig war sicherlich die Vielfalt, sowohl in unserem Programm als auch im Publikum. Uns wurde nochmals bewusst, wie grossartig es ist, ein solches Gebäude und den darin gewachsenen Werkraum bespielen und weiterentwickeln zu dürfen.
Eröffnet wurde das Festival mit einer Ansprache von Eva Herzog, einem Fassadentanz von Tempo di Borea und den Alphornbläsern von Alponom. Danach traten in den Räumen der alten Brauerei unter anderem Les Reines Prochaines, Fucking Beautiful, Mambassa Collective und Ludwigs Mondlicht Kapelle auf. Zudem gab es Performances von Sharka Rey, Julian Voneschen, Pilar Buira Ferre, Bastien Hippocrate und Bully Fae Collins. Kulinarisch wurden die Gäste mit Pizza im Don Camillo, Hotdogs und Kaffee & Kuchen in der Kulturbeiz 113, mit Cocktailbars und Essensständen rund um die alte Brauerei verwöhnt. Das Gesamtprogramm findet ihr hier.
Die fürs Jubiläum gegründete Arbeitsgruppe und der gesamte Verein WWpp möchten sich nochmals bei allen bedanken, die das Jubiläum unterstützt und mitgestaltet haben – und bei allen Besucher:innen, die das Fest mit ihrer Präsenz und Freude zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht haben. Ein besonderer Dank geht an die Christoph Merian Stiftung, die Stiftung Edith Maryon, die Sulger-Stiftung, die Basler Kantonalbank und den Fonds WWpp, die das Jubiläum finanziell ermöglicht haben.
Wir freuen uns auf weitere 30 Jahre WWpp – und aufs nächste Jubiläumsfest!
PS: Die Jubiläumspublikation «Was bleibt morgen übrig von gestern» bietet eine assoziative Reise durch die letzten 30 Jahre, mit Bild- und Textbeiträgen von ehemaligen und aktuellen Raumnutzer:innen des Werkraum Warteck pp. Die Publikation kann im Koordinationsbüro für 20 CHF bezogen oder hier bestellt werden.
Gebäude
1862 Bau von Wirtschaft und Brauerei Warteck gegenüber des damaligen Badischen Bahnhofs (heute Messeplatz) durch Niklaus Emanuel Merian-Seeber. Der Name „Warteck“ geht auf wartende Gäste beim gegenüberliegenden Bahnhof zurück.
1869 wird Bernhard Füglistaller neuer Pächter und später Inhaber. Der Aufschwung der Brauerei und die wachsende Produktion führen zu grösserem Platzbedarf.
1872/3 Bau der ersten Lagerkeller mit Gebäude am Burgweg, Ausbau von Malztennen für die Malzproduktion. Ständige Vergrösserung von Brauerei und Wirtschaft.
1878 Vergrösserung der Lagerkeller am Burgweg.
1880 Zunehmender Bierabsatz und Erreichen der Ausdehnungslimite am bestehenden Ort.
1889 Gründung der AG Bierbrauerei zum Warteck B. Füglistaller Nachfolger und Neubaubeginn am Burgweg.
1890/91 Verlegung der Produktion an den Burgweg, wo Sud- und Maschinenhaus sowie Eismaschine neu erbaut und installiert worden sind. Aufgabe der dortigen Malzproduktion.
1894 Bau von Gär-, Lager- und Abfüllkeller an der Alemannengasse (heute abgerissen zugunsten der Überbauung Warteckhof).
1899/1900 Bau Kesselhaus mit Hochkamin am Burgweg.
1920 – 1930 weitere Bauerweiterung, neues Sudhaus (1933) mit Turm.
1990 Einstellung der Produktion am Burgweg.
1991 Demontage der Betriebseinrichtungen.
1992 Gesprächsaufnahme WIAG und Betreiberschaft Werkraum Schlotterbeck.
1993 Improvisierter Einzug der ersten NutzerInnen in das Gebäude und Entstehung der Idee, eine Bauhütte für die bevorstehende Baustelle einzurichten. Die Warteckhofüberbauung wird durch den positiven Volksentscheid im November 1993 gesichert und damit auch der Erhalt der alten Brauereigebäude.
1994 Gründung der Stiftung Warteckhof, die das Gebäude mit dem Ziel einer kulturellen und gemeinnützigen Nutzung verwaltet. Gründung des Vereins Werkraum Warteck pp, der das Gebäude von der Stiftung Warteckhof mietet.
2003 Das Gebäude der ehemaligen Bierbrauerei wird von der Warteck Invest der neu gegründeten Stiftung Kulturraum Warteck geschenkt. Der Verein Werkraum Warteck pp bleibt weiterhin Mieter.
2014 Umbau und Nutzbarmachung des Malzsilos. Bauherrschaft: Stiftung Kulurraum Warteck. Projektverantwortliche: baubüro in situ. Gestaltung der Erschliessungstreppe: Fabian Nichele und Stefan Eisele. Bautenprämierung durch den Basler Heimatschutz im April 2014.
Mehr zur Geschichte der Brauerei Warteck:
Warteck Museum Basel
www.warteckmuseum.ch